Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius bei einer Pressekonferenz in Berlin am 16. Mai.

Haushalt und Wehrpflicht Pistorius steht vor zwei Baustellen

Stand: 17.05.2024 10:53 Uhr

Verteidigungsminister Pistorius fordert 6,5 Milliarden Euro mehr für seinen Etat, doch Finanzminister Lindner bremst. Und auch in Sachen Wehrpflicht bekommt der in Umfragen beliebteste Politiker Gegenwind.

Von Uli Hauck, ARD Berlin

Es sind die großen, die allumfassenden Sätze, die historisch hängenbleiben. Zum Beispiel von "Zeitenwende-Kanzler" Olaf Scholz, als er sagte: "Ohne Sicherheit ist alles andere nichts." Auch wenn das Geld, das man jetzt und in Zukunft für unsere Sicherheit ausgebe, an anderer Stelle fehle, betonte er, wie zentral wichtig die Sicherheit sei. 

Diesen sehr weitreichenden Satz hat der Bundeskanzler auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar ausgesprochen. Und damals hatte Scholz auch sein milliardenteures Versprechen erneuert, dauerhaft zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu stecken.

Drei Monate später geht es um die Umsetzung. Verteidigungsminister Boris Pistorius fordert für das nächste Jahr 6,5 Milliarden Euro mehr für seinen Verteidigungsetat, trotz des bestehenden 100-Milliarden-Sondervermögens. Doch Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner lassen Umfrage-Liebling Pistorius auflaufen.

"Ich habe immer noch Bock auf diesen Job"

Mehr Geld für die Bundeswehr soll es - trotz angespannter Sicherheitslage - bislang nicht geben. "Es gibt eine klare Verabredung zwischen dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler und mir, dass die Finanzplanung gilt", sagt Christian Lindner.

Wegen der Blockade soll Verteidigungsminister Pistorius sauer gewesen sein. Nach einer Sitzung mit Parlamentariern wurde öffentlich sogar spekuliert, er könnte hinschmeißen. Doch der Minister widerspricht: "Ich weiß nicht, wer die ominöse Quelle aus dieser Sitzung ist, aber ich habe zu keiner Zeit in Aussicht gestellt, dass ich meinen Job quittieren könnte", sagt er.

Pistorius stellt klar: "Ich habe immer noch Bock auf diesen Job." Und das, obwohl auch das gestrige Gespräch zwischen Finanz- und Verteidigungsminister keinen Haushaltsdurchbruch gebracht hat. Pistorius nennt den Austausch mit Lindner schlicht "kollegial, offen und herzlich", ohne konkret zu werden. Der Finanzminister spricht lediglich von einem "Strategiegespräch". Es sei kein Haushaltsgespräch im engeren Sinne gewesen.

Unterstützung aus den eigenen Reihen

Boris Pistorius stellt Milliardenforderungen - bislang ohne Erfolg. Der für Verteidigung zuständige SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz hält die 6,5 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr aber für gerechtfertigt. Wenn diese Summe nicht kommen würde, gäbe es im nächsten Jahr nur noch eine freie Investitionsspanne von 500 Millionen Euro. "Das ist in Anbetracht der Bedrohungslage sehr wenig und das falsche Signal an die Industrie, an unsere Bündnispartner und vor allem in Richtung Kreml", sagt er. "Putin würde sich freuen, wenn wir hier einknicken."

Scholz' Dilemma: Wehrpflicht oder Friedenskanzler?

Eine schnelle Haushaltseinigung ist trotzdem nicht in Sicht, wohl vor allem wegen der Europawahl am 9. Juni. Die SPD plakatiert dafür einen Kanzler, der den Frieden sichert. Da passt eine Bundeswehrfinanz- und auch eine Wehrpflichtdebatte nicht wirklich in den Wahlkampf.

Als der Kanzler in dieser Woche auf eine Wiedereinführung einer Wehrpflicht angesprochen wurde, macht er das Thema auch erstmal klein. Es gehe um eine "überschaubare" Aufgabe, die man bewältigen müsse.

Pistorius will "schwedisches Modell" für die Bundeswehr

Bereits seit Jahren fehlt der Bundeswehr Personal. Zudem soll sie bis 2031 von derzeit 182.000 auf 203.000 Soldaten aufgestockt werden. Der Verteidigungsminister will die Lücken auch mit Wehrpflichtigen schließen und hat dazu in dieser Woche mit dem Kanzler gesprochen.

Pistorius bevorzugt das "schwedische Modell". Eine Kombination aus Wehrpflicht- und Berufsarmee, bei der nur so viele Freiwillige eingezogen werden, wie die Armee benötigt. In drei bis vier Wochen will er einen Vorschlag vorlegen. Es brauche mehr Personal für die Stammtruppe und auch für die Aufwuchsfähigkeit für den Ernstfall.

Verteidigungsetat und Wehrpflicht - wirklich konkret wird es wohl erst nach der Europawahl.

Uli Hauck, ARD Berlin, tagesschau, 17.05.2024 09:31 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. Mai 2024 um 05:49 Uhr.