Eine Drohnenansicht vom Mount Everest

Aufstiegssaison am Mount Everest Es geht wieder Richtung Gipfel

Stand: 16.05.2024 12:18 Uhr

Hunderte Bergsteiger wollen 2024 versuchen, den Mount Everest zu besteigen. Doch das Streben nach dem Gipfel hat Nepal auch Kritik eingebracht - zu viele durften den Aufstieg wagen. Ein neues Lösungskonzept überzeugt längst nicht alle.

Kami Rita Sherpa hat es wieder geschafft. Am vergangenen Sonntag war er oben auf dem Gipfel des Mount Everest - zum 29. Mal. Und so hat er seinen eigenen Weltrekord vom vergangenen Jahr erneut verbessert, da stand die Uhr bei 28 Mal.

Der 54-jährige Nepalese postete danach ein Video vom Aufstieg auf seinem Facebook-Account. Gut gehe es ihm jetzt, schrieb er knapp in einer WhatsApp-Nachricht an das ARD-Studio Neu-Delhi. In diesen Wochen ist Saison am Mount Everest - und das heißt: Es ist voll. 414 Genehmigungen wurden von den nepalesischen Behörden für dieses Jahr ausgestellt, etwas weniger als 2023. 

Dafür versuchen aber auch etwa 50 Bergsteiger von der chinesischen Seite aus, den Gipfel zu erreichen. Einer von ihnen ist der Österreicher Lukas Furtenbach, der eine eigene Expeditionsfirma hat. "Ich bin mit unserer kleinen Gruppe für die Everest-Nordseite vor ein paar Tagen im Basislager auf der tibetischen Nordseite angekommen. Jetzt sind wir da, bleiben noch zwei Tage im Basislager - und starten dann unseren Gipfelversuch von hier", sagt Furtenbach.

 

Negativ-Schlagzeilen für Nepals Behörden

Diejenigen die gerade am Berg sind, hoffen, dass diese Saison weniger tödlich wird als die vorherige. 18 Menschen starben im vergangenen Jahr, so viele wie noch nie. Seit dem offiziellen Beginn der diesjährigen Saison am vergangenen Wochenende wurden noch keine Todesopfer gemeldet - allerdings werden aktuell zwei mongolische Bergsteiger vermisst, die ohne Bergführer aufgestiegen sind.

Für Nepals Behörden war das Jahr 2023 ein Desaster, denn sie standen als verantwortungslos da. Es ginge ihnen nur ums Geld, hieß es von vielen. Um das Problem zu lösen und um weitere negative Weltpresse, die Nepal bekommen hat, zu verhindern, sollen sogenannte GPS-Tracker verpflichtend für jeden Bergsteiger werden.

Diese Geräte seien jedoch eher für Gebirge wie die Alpen geeignet, wo man Verschüttete mit Hubschraubern suchen könne. Aber nicht für das Gebiet um den Mount Everest - also für Höhen, in denen Hubschrauber gar nicht mehr fliegen können, sagt Bergsteiger Furtenbach. Das zeige, "dass offensichtlich ein tiefergehendes Verständnis der Thematik und der Probleme am Berg nicht bei allen Entscheidungsträgern vorhanden ist".

Karte: Mount Everest, Nepal

11.000 Euro - nur für die Genehmigung

Er habe immer davon geträumt, eines Tages auf den Mount Everest zu steigen, sagt der US-Unternehmer Ruben Salinas in einem Video, das er Anfang der Woche im Everest-Basislager aufgenommen hatte - für eine Schule in seiner Heimat. Nächste Woche, so hoffe er, gehe es hoch zum Gipfel.

Salinas ist einer der 414 Bergsteigerinnen und Bergsteiger, die jeweils 11.000 US-Dollar allein für die amtliche Genehmigung gezahlt haben, um den Mount Everest besteigen zu dürfen. 40.000 bis 100.000 Dollar kostet ein Aufstieg insgesamt. Ein großes Geschäft für Nepals Regierung und für die Expeditionsfirmen und eine Beschäftigungsgarantie für die Bergführer und Träger vom Volk der Sherpa. Die meisten von ihnen haben deshalb auch ein Interesse an weiterem Wachstum.

Hilft ein Besuchermanagement?

Die Belastungsgrenze sei tatsächlich noch nicht erreicht, sagt Unternehmer Furtenbach. Nur wird man irgendwann mit einem ernsthaften Besuchermanagement beginnen müssen. Furtenbach spricht sich für eine "Besucherlenkung" aus, "so wie wir sie von anderen bekannten Bergen auf der Welt kennen". So wäre es aus seiner Sicht möglich, neben der Saison im Mai eine zweite Saison im Herbst zu eröffnen. Zudem könne man die Aufstiegszeit deutlich verkürzen, indem sich mehr Bergsteigerinnen und Bergsteiger schon zu Hause in Sauerstoffzelten an die Höhe gewöhnen.

Furtenbach freut sich trotzdem, dass er in diesem Jahr von dem Rummel am Berg wenig mitbekommt. Er steigt von der chinesischen Seite auf - ein Weg, der vier Jahre lang wegen der Corona-Pandemie gesperrt war. "So leer wie der Everest auf dieser Seite ist, war er das letzte Mal zu Zeiten der Erstbesteigung 1953", sagt der Österreicher: "Das heißt, es ist ein riesengroßes Privileg, was man wahrscheinlich nie wieder erleben kann. Und wir genießen das sehr und und sind voller Demut und freuen uns, aufsteigen zu können."

Peter Hornung, ARD Neu-Delhi, tagesschau, 16.05.2024 11:34 Uhr